Seit einer Klage gegen Coinbase im Juni verstärkt die Kryptobranche in den USA ihr politisches Engagement, um die aktuell kritische Entwicklung umzukehren. Gelingen soll das durch Lobbyismus, doch der Versuch dürfte laut Aussagen mehrerer Experten scheitern. Woran liegt das?

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Warum die US-Kryptobranche an Lobbyismus scheitert

Laut eines Berichts von Reuters kämpft die US-Kryptobranche verstärkt um eine freundliche Gesetzgebung, doch der vorgesehene Lobbyismus scheitert. Die USA stehen derzeit im Zentrum regulatorischer Konflikte mit der Krypto-Industrie.

Um das Fortbestehen der Branche zu sichern und Innovationen Platz zu bereiten, suchen Wirtschaftsverbände rund um Krypto und Blockchain zunehmend den Kontakt mit Abgeordneten des US-Kongresses.

Laut Reuters scheitern die Bemühungen der Krypto-Firmen an zwei Faktoren: Am Haushaltsetat der USA sowie am Engagement des US-Senats, der weitere Massnahmen gegen Krypto vornehmen möchte, um angebliche Geldwäsche zu bekämpfen.

“Dutzende von Führungskräften aus Unternehmen rund um Krypto trafen sich am Mittwoch mit Gesetzgebern und deren Mitarbeitern im Rahmen einer von Coinbase, der grössten US-Kryptobörse, und der von ihr gegründeten gemeinnützigen Organisation Stand With Crypto organisierten Kampagne zur Interessenvertretung”, schreibt Reuters.

Den Versuch der politischen Einflussnahme wertet das Nachrichtenmagazin als nicht besonders erfolgreich. Als Teil der Finanzbranche müsste längst das Kapital vorhanden sein, um den Forderungen auch finanziell den nötigen Nachdruck zu verleihen, müsste man meinen.

Reuters vermutet jedoch, dass andere Gesetze in absehbarer Zeit Vorrang haben und die US-Kryptobranche damit vorerst weiterhin der Spielball der Aufsichtsbehörde SEC bleibt. Im Weg stünden demnach die Farm Bill – ein Gesetz, das sich mit der Landwirtschaft beschäftigt – sowie der National Defense Authorization Act (NDAA), der das Budget des Verteidigungsministeriums festlegt.

Deshalb engagieren sich Krypto-Firmen erst jetzt

Man könnte sich fragen, warum Krypto-Firmen in den USA erst jetzt die Entscheidung trafen, sich an politischen Prozessen verstärkt zu beteiligen. Reuters berichtet von “explodierendem Lobbyismus nach einer Klage der SEC gegen Coinbase”, welche die Behörde im Juni einreichte.

Zuvor galt Coinbase als Betrieb, der über enge Kontakte zu Behörden verfügt. Entsprechend gering waren die Auseinandersetzungen. Dementsprechend überraschend kam die Klage der SEC. Diese Tatsache könnte einen Hinweis darauf geben, warum die Lobby-Arbeit erst jetzt in Gang kommt. Bis dahin wurde sie einfach nicht als nötig erachtet.

“Es gibt eine riesige Anzahl konkurrierender Bereiche, deshalb müssen wir weiter auf den Tisch hauen”, sagte Katherine Dowling, führende Mitarbeiterin des Vermögensverwalters Bitwise. In Sorge vor drastischen Massnahmen gegen die Kryptobranche empfindet man nun Zeitdruck.

2022 investierte die Kryptobranche in den USA 21,6 Millionen US-Dollar in Lobbyarbeit. In der ersten Hälfte von 2023 beträgt die Summe schon 13 Millionen US-Dollar. Mit 1,4 Millionen ist davon Coinbase der grösste Geldgeber.

Als Wortführer im Kongress tun sich Brian Armstrong, Geschäftsführer von Coinbase und ein Manager des NFT-Marktplatzes OpenSea hervor.

“Jeder möchte sicherstellen, dass das, was er tut, nicht von der Regierung ausradiert wird”, rechtfertigte Kara Calvert von Coinbase das Engagement. Die US-Krypto-Börse startete diesen Monat eine Medienkampagne, die Krypto-Nutzer dazu antreiben soll, Druck auf Politiker auszuüben, um die Gesetzgebung in die richtige Richtung zu lenken.

Wieso eine kryptofreundliche Gesetzgebung scheitern dürfte

Kritiker sind von diesen Aktivitäten nicht überzeugt. Sie deuten auf die aktuell vorherrschenden Positionen im Senat. Das Oberhaus des US-Parlaments verabschiedete erst im Juli eine Version des NDAA, die zunehmend mit anonymen Krypto-Transaktionen aufräumen will.

“Das Letzte, was wir brauchen, ist, dass die Krypto-Industrie ihr eigenes Regelwerk schreibt – zu viele Bürger von Ohio wurden durch Betrug und Schwindel geschädigt”, erklärte der demokratische Abgeordnete Sherrod Brown gegenüber Reuters.

Brown, der dem zuständigen Bankenkomitee im Senat vorsteht, sei nicht sehr interessiert an den Bemühungen der Branche und erkenne die Notlage nicht. Deshalb sei der Lobbyismus zum Scheitern verurteilt, glaubt Experte Ian Katz.

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